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öffentlich


Beteiligungsmanagement;
hier: Neufassung des Betrauungsakts mit der MER



Stellvertretender Ausschussvorsitzender Jens Schönewolf ruft den Tagesordnungspunkt auf. Die Fragen der Ausschussmitglieder Claudia Reiners und Markus Vöckel werden von Bürgermeister Christian Grunwald und Herrn Torben Schäfer beantwortet. Auf Nachfrage des stellv. Ausschussvorsitzenden Jens Schönewolf sind keine weiteren Wortmeldungen feststellbar.
Erläuterung
Bei der Überarbeitung des Betrauungsaktes wurden die Vorgaben des "Almunia-Pakets" der EU-Kommission, hier insbesondere des Freistellungsbeschlusses 2012/21/EU, zugrunde gelegt sowie die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt.
Die Änderungen des Betrauungsaktes betreffen insbesondere die Aktualisierung bzw. Überarbeitung der (DAWI-)Tätigkeiten der MER. Dabei wurden die neu hinzugekommenen Tätigkeiten der MER dahingehend überprüft, ob diese als DAWI oder als Nicht-DAWI einzuordnen sind. Es wurden die DAWI-Begründung im Bereich der Tourismusförderung und des Stadtmarketings sowie im Bereich des neu hinzugekommenen Tätigkeitsfeldes "nachhaltige Energiegewinnung" (s. § 1 Abs. 2, 5 und § 2 Abs. 1, 3 des Betrauungsaktes) ergänzt.
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die EU-Kommission im Jahr 2017 den Entwurf eines Arbeitsdokuments zu Beihilfefragen im Zusammenhang mit der Tourismusförderung vorgelegt hat (vgl. Comfort Letter vom 24.4.2014, SA-37755), in dem aufgelistet wird, dass eine Reihe von Aktivitäten öffentlicher Tourismusorganisationen, etwa im Bereich des Destinationsmarketings, bereits nicht wirtschaftlich und daher auch nicht EU-beihilfenrelevant sein sollen. Dies gelte vorrangig für nicht einnahmebeschaffende Tätigkeiten. Der von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf eines Arbeitsdokuments stellt allerdings nur eine Diskussionsgrundlage über die Finanzierung von Aktivitäten im Tourismusbereich dar und ist weder eine offizielle, noch antizipierte Position der EU-Kommission. Die EU-Kommission kann demnach zukünftig im Einzelfall Tätigkeiten im Tourismusbereich abweichend von dem Entwurf des Arbeitspapiers als EU- beihilfenrelevant beurteilen.
Vor diesem Hintergrund wird zum Zwecke einer größeren Rechtssicherheit empfohlen, sämtliche Tätigkeiten als EU-beihilfenrelevant anzusehen und entsprechend dem DAWI- bzw. Nicht-DAWI- Bereich der MER zuzuordnen. Daher wurde in Absatz 4 der Präambel eine Regelung aufgenommen, wonach sämtliche Tätigkeiten der MER als "wirtschaftlich" (unternehmerisch) einzustufen sind.
DAWI-Haupttätigkeiten, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1:
Die Errichtung und der Betrieb der Sommerrodelbahn kann im Bereich Tourismusförderung und Stadtmarketing nach allgemeiner Beurteilung mit guten Gründen als DAWI-Tätigkeit der MER eingeordnet werden. Weiterhin unterfällt auch die Vermittlung von Unterkünften an Besucher und Touristen, die auf Nachfrage individuell auf in Betracht kommende Unterkünfte hingewiesen werden, sowie der Betrieb einer mobilen Tourist-Information in dem Ausschankhänger (sog. "Eventmobil") dem DAWI-Bereich. Dabei handelt es sich jeweils um Leistungen, die für einen privaten Anbieter am Markt in der Form nicht finanzierbar wären, zumal die Nutzer nicht bereit wären, marktübliche und kostendeckende Konditionen hierfür zu bezahlen. Zugleich verbessern die genannten Leistungen die Standortbedingungen in der Stadt für Einwohner und Besucher und werden daher im Gemeinwohlinteresse erbracht.
Die Bereitstellung des Eventmobils für nicht-gastronomische Zwecke bei eigenen Veranstaltungen der MER und bei Veranstaltungen der Stadt stellt im Bereich Kultur und Freizeit ebenfalls eine DAWI-Leistung dar, die dem kulturellen und sozialen Wohl der Einwohner der Stadt und ihrer Besucher dient und das bisherige breite Tätigkeitsspektrum in diesem Bereich unterstützt.
Im Bereich Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung wurden die Leitung, Koordination und Akquirierung von kommunalen Förderinitiativen, etwa im Rahmen von städtebaulichen Förderprogrammen zur Stadt- und Dorfentwicklung, explizit aufgenommen. Auch dabei handelt es sich um Tätigkeiten, die im Allgemeininteresse der Stadt liegen.
Im Bereich der nachhaltigen Energiegewinnung wurde die Entwicklung, die Erprobung und den Aufbau von innovativen (Infrastruktur-) Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien neu aufgenommen. Hierbei wurde davon ausgegangen, dass für den Aufbau der genannten Infrastrukturprojekte (Sandspeicher und Abwasserwärme) ein Marktversagen in der Stadt vorliegt.
Es wurde darüber hinaus vertieft geprüft, ob neben der Entwicklung von innovativen Infrastrukturprojekten auch die "herkömmliche" Energieerzeugung durch Nutzung erneuerbarer, nachhaltiger Energien dem DAWI-Bereich zugeordnet werden kann. In der europäischen Rechtssprechung sowie der Entscheidungspraxis der EU-Kommission wurden offensichtlich bislang jedoch nur solche Tätigkeiten dem DAWI-Bereich zugeordnet, die eine Energiegrundversorgung zum Ziel haben (s. Weißbuch der EU-Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vom 12. Mai 2004, KOM 2004/0374 endg.; vgl. Frenz, Handbuch Europarecht, Band 3, Kap. 5, § 5 Rdnr. 2265; s. Beschluss der Kommission vom 7. Februar 2018 über die Beihilferegelung Deutschlands zur Einrichtung einer Kapazitätsreserve, C (2018) 612 final, Rdnr. 94). Insbesondere wurde hierbei seitens der EU-Kommission betont, dass die Tätigkeiten für die Versorgungssicherheit tatsächlich erforderlich sein müssen und dass der Markt nicht in der Lage sein darf, das erforderliche Maß an Versorgungssicherheit selbst bereitzustellen. Aspekte des Klima- und Umweltschutzes wurden in der europäischen Rechtsprechung und der Entscheidungspraxis der EU-Kommission isoliert bislang hingegen nicht als gemeinwirtschaftliches Interesse anerkannt.
Da es sich bei der MER nicht um ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen handelt, das im Sinne von § 1 Abs. 3 der Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) in einem Netzgebiet die Grundversorgung mit Elektrizität durchführt, entfällt die für eine DAWI-Tätigkeit erforderliche Gemeinwohlaufgabe im Hinblick auf die "herkömmliche", nicht von einem Marktversagen ausgehende Energieerzeugung, soweit diese nicht der bloßen Selbstversorgung der MER dient.
DAWI-Nebendienstleistungen, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
In § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 können darüber hinaus mit den DAWI-Haupttätigkeiten verbundene, ebenfalls förderfähige Nebendienstleistungen aufgezählt werden, ohne die das Unternehmen, hier die MER, seine Aufgaben nicht bzw. nicht vollständig erfüllen könnte. Hierzu zählt die Energieerzeugung im Bereich der erneuerbaren, nachhaltigen Energien, soweit diese der Selbstversorgung im Zusammenhang mit der Erbringung von (anderen) DAWI-Tätigkeiten der MER dienen.
 
Keine DAWI-Tätigkeiten, § 2 Abs. 2:
Die in § 2 Abs. 2 genannten Leistungen der MER sind nicht den förderfähigen DAWI-Tätigkeiten des Unternehmens zuzuordnen und daher gemäß Art. 5 Abs. 9 des Freistellungsbeschlusses zwingend von den Dienstleistungen nach § 2 Abs. 1 (DAWI) abzugrenzen.
Für die "sonstigen" Dienstleistungen darf kein Ausgleich gewährt werden. Würde er dennoch gewährt, müssten die Ausgleichsleistungen notifiziert werden. Um Wettbewerbsverzerrungen bei den sonstigen Dienstleistungen zu vermeiden, ist sicherzustellen, dass für solche Tätigkeiten weder direkt noch indirekt Vorteile u.a. durch mögliche Zuschüsse, Defizitausgleiche oder Garantien (Bürgschaften) seitens der Stadt oder einer von dieser beherrschten Einrichtung, etwa einer anderen Tochtergesellschaft, gewährt werden. Die Leistungen sind daher grundsätzlich in marktüblicher Weise auf Vollkostenbasis in Rechnung zu stellen.
Im Bereich Tourismusförderung und Stadtmarketing wird im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Getränke- und Fotoautomaten, dem Verkauf von Snacks und Heißgetränken in der Talstation der Sommerrodelbahn, der Bereitstellung eines gastronomischen Angebots im Rahmen des Betriebs und der Unterhaltung des Eventmobils, der geplanten Vermietung des Eventmobils sowie dem Verkauf von Souvenirartikeln davon ausgegangen, dass diese Tätigkeiten auch von privaten Gewerbetreibenden, etwa Gastwirten oder Einzelhandelsgeschäften, zu vergleichbaren Konditionen am Markt durchgeführt werden können.
Im Bereich der nachhaltigen Energiegewinnung wird davon ausgegangen, dass sowohl für die Energieerzeugung zur Einspeisung in das öffentliche Stromnetz als auch für die Beratung und Förderung von nicht innovativen Infrastrukturprojekten, etwa der Installation von PV-Anlagen, kein Marktversagen gegeben sind.
Es wurde gleichwohl in § 2 Abs. 2 eine "Öffnungsklausel" dergestalt eingefügt, dass die hier genannten, grundsätzlich nicht dem Bereich der förderfähigen "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse" zuzuordnenden Tätigkeiten ausnahmsweise doch dem förderfähigen Gemeinwohlbereich der MER zugeordnet werden können, falls hierzu eine ausreichende Begründung (etwa nach erfolgloser Durchführung einer Markterkundung) gegeben wird oder sich die Rechtsauffassung zukünftig ändern sollte. In der Regel ist jedoch davon auszugehen, dass die in § 2 Abs. 2 des Betrauungsaktes genannten Tätigkeiten nicht dem förderfähigen Bereich der "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse" zugeordnet werden können.
Hinweis der Verwaltung:
Alle zum Tagesordnungspunkt gegebenen Formulierungen und Anlagen wurden im Auftrag der Stadt Rotenburg a. d. Fulda von der Wirtschafts- Steuerberatung SRS Schüllermann und Partner mbH aus Dreieich verfasst.
 

Beschluss
Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt der Stadtverordnetenversammlung wie folgt zu beschließen:
"Die Stadtverordnetenversammlung beschließt die in der Anlage beigefügte Neufassung des Betrauungsakts mit der MER."
 

Beschlussfassung

Ja-Stimmen:
7
Nein-Stimmen:
0
Enthaltung:
1


Verteiler
stellv. Ausschussvorsitzender Schönewolf zur Kenntnis
FD I.1 zur Wiedervorlage
FD II zur weiteren Bearbeitung
MER zur Kenntnis




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